- slawische Sprachen
- slawische Sprachen,die Sprachen der Slawen. Sie gehören zur Satemgruppe (Satemsprachen) innerhalb der indogermanischen Sprachen und stehen hier den baltischen Sprachen am nächsten. - Man unterscheidet in der Regel drei große Gruppen: 1) Ostslawisch, mit der russischen, ukrainischen und weißrussischen Sprache; 2) Westslawisch, mit der tschechischen, slowakischen, nieder- und obersorbischen (sorbische Sprache) und polnischen Sprache; 3) Südslawisch, mit der bulgarischen, makedonischen, serbischen, kroatischen und slowenischen Sprache. Die westslawische Gruppe wird weiter unterteilt in eine nördliche und lechische Gruppe mit dem Polnischen und dem Elb- und Ostseeslawischen (Ostseeslawisch), von denen nur noch die kaschub. Sprache gesprochen wird, während die polabishe und die slowinz. Sprache, die jedoch nie zu Schriftsprachen erhoben wurden, ausgestorben sind; ferner eine mittlere, sorbische Gruppe und eine südliche, tschechische und slowakische Gruppe. Das Kaschubische wird von vielen Forschern zu den polnischen Dialekten gezählt; andere rechnen es, u. a. mit der Sprache der burgenländischen Kroaten in Österreich und dem Rusinischen (Ruthenen) zu den slawischen Mikroschriftsprachen. - Einen besonderen Platz nimmt das Altkirchenslawische und das es fortsetzende Kirchenslawische ein.Die Sprachform der Zeit von etwa 1000 v. Chr. bis 800 n. Chr. wird als Urslawisch bezeichnet; für diese Zeit lässt sich eine homogene Entwicklung des Slawischen aus dem Indogermanischen rekonstruieren, die geprägt ist durch Silbenharmonie (die Silben werden als ganze entweder palatal oder nichtpalatal) und das Gesetz der so genannten offenen Silben (Beseitigung der geschlossenen Silben). In der gemeinslawischen Periode, die etwa vom 8. bis 10. Jahrhundert dauerte, machten sich erste Differenzierungstendenzen bemerkbar. Danach begann die Herausbildung von Dialekten und Einzelsprachen.Die Einteilung der slawischen Sprachen in die ost-, west- und südslawischen Gruppen basiert vornehmlich auf historisch-phonologische, aber auch morphologische und geographische Kriterien, u. a. dem unterschiedlichen Reflex der erschlossenen urslawischen Lautgruppen tj/kt + i, j und dj in den einzelnen Sprachen. Es gibt jedoch auch andere Einteilungskriterien: So kann man die slawischen Sprachen u. a. nach dem Resultat der Veränderungen von Labial + j, der Entwicklung der erschlossenen Gruppen dl, tl, gvě und kvě sowie dem Resultat von ch nach der so genannten 2. Palatalisierung in eine westliche und östliche Gruppe einteilen und diese dann wiederum in eine östliche und südliche differenzieren. Andererseits lassen sich z. B. nach der Entwicklung der erschlossenen anlautenden Gruppen ôrt- und ôlt- die ost- und westslawischen Sprachen als nördliche Gruppe den südslawischen Sprachen gegenüberstellen. Unter Einbeziehung phonetisch-phonologischer, prosodischer, morphologischer, geographischer und kulturgeschichtlicher Kriterien werden auch die ost- und westslawischen Sprachen als jeweils nordost- und nordwestslawischen Sprachen von den südostslawischen (Bulgarisch, Makedonisch) und den südwestslawischen Sprachen (Slowenisch, Serbisch, Kroatisch) unterschieden.Mit Ausnahme der bulgarischen und der makedonischen Sprache weisen alle slawischen Sprachen einen synthetischen Charakter auf; sie haben ein reiches Kasussystem bewahrt, während sich beim Verbum in den meisten slawischen Sprachen der analytische Sprachbau stärker durchsetzte. Auch hier machen das Bulgarische und das Makedonische, die das ursprüngliche System der Tempora und Modi zum Teil sogar noch erweitert haben, eine Ausnahme. Allen slawischen Sprachen gemeinsam ist die Herausbildung der Aspektkorrelation, sodass jede Verbalform entweder perfektiv oder imperfektiv ist. Im Bereich der Lexik und Phraseologie gibt es einen ererbten Grundwortbestand, gemeinsame, aber auch divergierende Entwicklungen sowie wechselnde Einflüsse, sodass heute auch in nahe verwandten Sprachen große Unterschiede im Grundwortschatz bestehen.E. Berneker: Slav. etymolog. Wb., 2 Bde. (1-21914-24);A. Vaillant: Grammaire comparée des langues slaves, 5 Bde. (Paris 1950-77);H. Bräuer: Slav. Sprachwiss., 3 Bde. (1961-69);R. Nahtigal: Die slav. Sprachen (a. d. Slowen., 1961);P. Arumaa: Urslav. Gramm., 3 Bde. (1964-85);A. Meillet: Le slave commun (Paris 21965);R. Aitzetmüller: Altbulgar. Gramm. als Einf. in die slav. Sprachwiss. (1978);E. Stankiewicz: The Slavic languages. Unity in diversity (Berlin 1986);Einf. in die slav. Sprachen, hg. v. P. Rehder (21991);The wider Europe. Essays on Slavonic languages and cultures, hg. v. J. A. Dunn u. a. (Nottingham 1992);The Slavonic languages, hg. v. B. Comrie (London 1993);
Universal-Lexikon. 2012.